Montag, 8. Februar 2010
Das Ende des "Autors" in der virtuellen Postmoderne
Die Plagiatsdebatte um den Roman "Axolotl" von Literatur-Shooting-Star Helene Hegemann belegt: Die Instanz "Autor" ist nur noch ein Knoten/Compiler von Text-Fragment-Sinn-Strömen. Sie ist wie wir alle beim (tägliche) Twittern und Facebooken. Sie liest und screent und reicht die ihr relevant erscheinenden Meme, angereichert um eigene Gedanken und Kommentare, an das Universum weiter, von wo es eingeht in den großen Mahlstrom der kollektiven Intelligenzarbeit. Die postmoderne Idee der Dezentrierung des Subjekts vollendet sich in dem Maße, in dem die semantische Ströme der Sozialen Medien die energetische Ladung eines globalen Hypercortex bilden. Beitrag auf Spiegel online.
Mittwoch, 16. September 2009
Lars von Trier, Antichrist
Assoziationen
Ein Muss an der Grenze des Erträglichen.
"Die Natur ist Satans Kirche."
Filmgeschichliche Ahnenreihe: Andrej Tarkowski (na klar, die Widmung allein), Luis Bunuel (das Auge immer wieder, der Schnitt) , Pier Paolo Pasolini (Die 120 Tage von Sodom), Davild Lynch, Blair Witch Project, Shakespeare, Beckett auch, ... ?
Tiefenpsychologie schlägt kognitive Verhaltenstherapie.
Singemäß: "Aber Träume haben ja in der modernen Psychologie nichts mehr zu suchen."
Das emotionale Böse schlägt das rationale Gute.
Wahn schlägt Realität.
Wahn wird Realität.
Das Opfer war/ist/wird zum Täter.
Frau besiegt Mann besiegt Frau besiegt Mann? "Eine weinende Frau ist eine durchtriebene Frau."
Mythologisch-symbolistische Multikontextualität statt unidimensionales Happy End.
Lars von Trier gehört mit dem Schriftsteller Michel Houellebecq zu den großen Verrückten des verrückten Übergangs in das 21. Jahrhundert.
Wer sind die drei Bettler: Pain, Grief, Dispair?
Ein Muss an der Grenze des Erträglichen.
"Die Natur ist Satans Kirche."
Filmgeschichliche Ahnenreihe: Andrej Tarkowski (na klar, die Widmung allein), Luis Bunuel (das Auge immer wieder, der Schnitt) , Pier Paolo Pasolini (Die 120 Tage von Sodom), Davild Lynch, Blair Witch Project, Shakespeare, Beckett auch, ... ?
Tiefenpsychologie schlägt kognitive Verhaltenstherapie.
Singemäß: "Aber Träume haben ja in der modernen Psychologie nichts mehr zu suchen."
Das emotionale Böse schlägt das rationale Gute.
Wahn schlägt Realität.
Wahn wird Realität.
Das Opfer war/ist/wird zum Täter.
Frau besiegt Mann besiegt Frau besiegt Mann? "Eine weinende Frau ist eine durchtriebene Frau."
Mythologisch-symbolistische Multikontextualität statt unidimensionales Happy End.
Lars von Trier gehört mit dem Schriftsteller Michel Houellebecq zu den großen Verrückten des verrückten Übergangs in das 21. Jahrhundert.
Wer sind die drei Bettler: Pain, Grief, Dispair?
Meta-Twitter: Ein EEG am "inneren Monolog" des Internets
Die systematische Beobachtung von Tweets - eine Art von Meta-Twitter also - würde eine erste rohe Form der Erfassung des "inneren Monolop" des der Menschheit, insofern es sich elektronisch ausdrückt, bedeuten. Dieses "Meta-Twitter" wäre eine Art von EEG am kollektiven digitalen Bewusstseinsstrom.
Sonntag, 6. September 2009
Spezialisierung zum Generalistentum
In seinem Buch "5 Minds for the Future" zählt der US-amerikanische Psychologe Howard Gardner die aus seiner Sicht relevanten 5 Intelligenzformen auf, die im 21. Jahrhundert von zentraler Bedeutung sein werden: 1. diszipliniertes Denken 2. synthetisches Denken 3. kreatives Denken. 4. respektvolles Denken 5. ethisches Denken. In dem Kapitel über synthetisches Denken erwähnt er eher in einem Nebensatz den Pädagogen Vartan Gregorian, der darauf hin weist, dass künftig womöglich eine Spezialisierung nötig sei, um Generalisten herauszubilden.
Dieser Gedanke wird nicht weiter ausgeführt, scheint mir jedoch eine enorm anspruchsvolle Aufgabe für Ausbildungsinstitutionen einerseits zu sein, für Menschen, die sich selbst eher für Generalisten halten, andererseits. Synthetisches Denken setzt diszipliniertes Denken voraus - diszipliniertes Denken definiert als ein tiefes Durchdringen von mindestens einem "Fach" einschließlich der Fähigkeit zum spontanen, nichtrivialen Transfer. Gardner setzt zur Erlangung dieser Kompetenz nicht weniger als 10 Jahre an.
Noch vor kurzem konnte als Generalist jemand durchgehen, der von nichts wirklich, von vielem aber ein bisschen Ahnung hatte. Skeptiker weisen bereits darauf hin, dass vor allem in mittelgroßen Unternehmen eine Tendenz zum Heranziehen von "Universaldilettanten" besteht. Gemessen an Gardners Forderungen wäre dieser "Universaldilettant" kein Generalist neuen Typs. Der Generalist von heute - oder morgen - müsste also zumindest in einer Disziplin Spezialist sein. Von da aus würde er sein Interesse auf möglichst viele andere Gebiete lenken.
Doch reicht es nun nicht mehr aus, eklektizistisch beliebige Hypothesen "zwischen den Disziplinen" zu formulieren. Die Gefahr, als Verantwortlicher - etwa in Politik oder Organisationen - zu falschen Synthetisierungen zu kommen, wäre zu groß, denken wir nur an so komplexe Probleme wie den Klimwandel oder die Regulierung der internationalen Kapitalmärkte.
Ist es vermessen, für den Generalisten des 21. Jahrhunderts weitere 10 Jahre des Herausbildens nachhaltiger Synthetisierungsfähigkeit anzusetzen, nach dem er bereits 10 Jahre für die meisterschaft in seiner Spezialdisziplin benötigt hat? In jedem Fall brauchen wir Schulen des Lernens, die auf eine disziplinierte Art und Weise die Kompetenz des synthetischen Generalisierens vermitteln. Zu erforschen wäre nichts weniger als die Geschichte erfolgreicher Synthetisierungen unter der Bedingung steigende Komplexität, Dynamik und Interdependenz.
Langfristig werden wir Formen kollektiver Intelligenz bzw. kollektiver Intuition benötigen, insbesondere dann, wenn es um die Vorbereitung von strategischen Entscheidungen mit weit reichenden Konsequenzen geht.
Dieser Gedanke wird nicht weiter ausgeführt, scheint mir jedoch eine enorm anspruchsvolle Aufgabe für Ausbildungsinstitutionen einerseits zu sein, für Menschen, die sich selbst eher für Generalisten halten, andererseits. Synthetisches Denken setzt diszipliniertes Denken voraus - diszipliniertes Denken definiert als ein tiefes Durchdringen von mindestens einem "Fach" einschließlich der Fähigkeit zum spontanen, nichtrivialen Transfer. Gardner setzt zur Erlangung dieser Kompetenz nicht weniger als 10 Jahre an.
Noch vor kurzem konnte als Generalist jemand durchgehen, der von nichts wirklich, von vielem aber ein bisschen Ahnung hatte. Skeptiker weisen bereits darauf hin, dass vor allem in mittelgroßen Unternehmen eine Tendenz zum Heranziehen von "Universaldilettanten" besteht. Gemessen an Gardners Forderungen wäre dieser "Universaldilettant" kein Generalist neuen Typs. Der Generalist von heute - oder morgen - müsste also zumindest in einer Disziplin Spezialist sein. Von da aus würde er sein Interesse auf möglichst viele andere Gebiete lenken.
Doch reicht es nun nicht mehr aus, eklektizistisch beliebige Hypothesen "zwischen den Disziplinen" zu formulieren. Die Gefahr, als Verantwortlicher - etwa in Politik oder Organisationen - zu falschen Synthetisierungen zu kommen, wäre zu groß, denken wir nur an so komplexe Probleme wie den Klimwandel oder die Regulierung der internationalen Kapitalmärkte.
Ist es vermessen, für den Generalisten des 21. Jahrhunderts weitere 10 Jahre des Herausbildens nachhaltiger Synthetisierungsfähigkeit anzusetzen, nach dem er bereits 10 Jahre für die meisterschaft in seiner Spezialdisziplin benötigt hat? In jedem Fall brauchen wir Schulen des Lernens, die auf eine disziplinierte Art und Weise die Kompetenz des synthetischen Generalisierens vermitteln. Zu erforschen wäre nichts weniger als die Geschichte erfolgreicher Synthetisierungen unter der Bedingung steigende Komplexität, Dynamik und Interdependenz.
Langfristig werden wir Formen kollektiver Intelligenz bzw. kollektiver Intuition benötigen, insbesondere dann, wenn es um die Vorbereitung von strategischen Entscheidungen mit weit reichenden Konsequenzen geht.
Montag, 27. Juli 2009
Politik zieht um in den politbueroblokk
Von nun an ziehen diejenigen Beiträge, die sich im engeren Sinne mit Politik befassen, um in den "politbueroblokk". Künftig werde ich mich hier mit anderen Dingen befassen.
"Da haben sich einige wohl das Hirn herausgetwittert."
Nun erwischt es auch die Grünen. Der Fraktionsvorsitzende der Ökopaxe in der Bremer Bürgerschaft, Matthias Güldner, verteidigt in einem Beitrag die vom Bundestag verabschiedeten Internetsperren (Beitrag auf Welt online). Als Reaktion darauf gründet sich auf Facebook eine Anti-Matthias-Güldner- bzw. Anti-Grünen-Gruppe (Facebook-Gruppe). Das Problem ist nicht die Position als solche, sondern einmal mehr der Tonfall, in dem argumentiert (oder polemisiert) wird. Prototypisch die Formulierung: "Da haben sich einige wohl das Hirn herausgetwittert." Im Subtext dieses Satzes zeigt sich weniger eine denkbare sachliche Auseinandersetzung um die richtigen Mittel gegen Kinderpornographie (daran, dass dagegen etwas unternommen werden muss, zweifelt niemand), sondern eine pauschale Diffamierung praktisch aller Nutzer der neuen Web-2.0-Applikationen, etwa der Art: Twitter(n) macht dumm, Facebook macht dumm usw. Und auch hier ist sie wieder: "die Community". An einem Punkt aber irrt Bildungsbürger Güldner fundamental. Twitter ist bereits längst reale Politik, anhand von Facebook sollte es ihm spätestens jetzt klar werden. Mehr noch: Die Unterscheidung zwischen realer und virtueller (nach Güldner: irrealer) Politik (Welt, Leben etc.) ist zunehmend nur noch eine virtuelle, also irreale.
Freitag, 10. Juli 2009
Wo bleibt die Bewegung für eParticipation?
Eine offene Fragen an die Piraten und andere ums Gemeinwohl Besorgte
Die Europäische Union hat schon vor vielen Jahren neben dem Ausbau von eGovernment - der Abwicklung von Verwaltungsakten über das Internet - die Förderung von eParticipation zu einem wichtigen Ziel erklärt und fördert entsprechende Projekte mit Millionensummen. Bemerkenswerterweise laufen diese Projekte förmlich unbeobachtet von der Öffentlichkeit und dem politischen Alltagsgeschäft. Ihre Wirkung und Resonanzfähigkeit bleiben begrenzt. Parallel zu dieser Form der bemühten institutionalisierten elektronischen Teilnahme finden reale politische Bewegungen zunehmend - auch - im Netz statt. Bereits die nationalistischen Aktionen junger Chinesen gegen den französischen Supermarktkonzern Carrefour im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 waren nicht in der Abteilung Agitation und Propaganda der KP ersonnen worden, sondern kamen "von unten". Spätestens mit der iranischen Protestbewegung ist jedem Nicht-Digital das Wort Twitter geläufig, selbst wenn er die Macht dieses Instrumentes eher erahnt als wirklich versteht.
Zwischen amtlicher eParticipation und webinduzierter Revolte klafft eine auffällige Lücke. Die Online-Aktivitäten politisierter Digital Natives, die sich mit der Piratenpartei inzwischen auch eine erste "traditionelle" Form zugegt haben, bleiben eigentümlich unverbunden mit den durchaus richtigen Versuchen, die repräsentative Demokratie um Elemente von eDemocracy zu bereichern. Langfristig wird es ohnehin zu dialektischen Wechselwirkungen zwischen etablierten Politikformen und den selbstorganisierten Aufschaukelungen im Web (Web 2.0, Web hoch2,...) kommen.
Die Frage ist: Wie bekommen wird "Joe the Plumber", "Jane the Florist", Oma Müller und Onkel Heinz ins digitale Boot innovativer Beteiligung?
Und eher strategisch: Obwohl jeder Politiker das Wort Bürgerbeteiligung auf den Lippen führt, gibt es keine erkennbare Begeisterung für das Thema eParticipation. Das gilt erstaunlicherweise auch für die Piratenpartei. Klaus Störtebeckers virtuelle Nachfahren sind anhand der Topics "freie Downloads" und "Zensur im Internet" resonanzfähig geworden. Als Partei, die zu realen Parlamenten kandidiert und auch schon verreten ist, ist sie nun aber aufgefordet, sich auch zu institutionalisierten Politikformen zu verhalten. Auch unter dem Aspekt von Markenführung drängt sich das Thema eParticipation förmlich auf, zumal es nicht mal von den "Bürgerrechtsparteien" Grüne, FDP und Freien Wählern gepusht wird. Spielt eParticipation strategisch keine Rolle? Schlägt nicht jetzt die Stunde der elektronischen Demokratie?
Die Europäische Union hat schon vor vielen Jahren neben dem Ausbau von eGovernment - der Abwicklung von Verwaltungsakten über das Internet - die Förderung von eParticipation zu einem wichtigen Ziel erklärt und fördert entsprechende Projekte mit Millionensummen. Bemerkenswerterweise laufen diese Projekte förmlich unbeobachtet von der Öffentlichkeit und dem politischen Alltagsgeschäft. Ihre Wirkung und Resonanzfähigkeit bleiben begrenzt. Parallel zu dieser Form der bemühten institutionalisierten elektronischen Teilnahme finden reale politische Bewegungen zunehmend - auch - im Netz statt. Bereits die nationalistischen Aktionen junger Chinesen gegen den französischen Supermarktkonzern Carrefour im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 waren nicht in der Abteilung Agitation und Propaganda der KP ersonnen worden, sondern kamen "von unten". Spätestens mit der iranischen Protestbewegung ist jedem Nicht-Digital das Wort Twitter geläufig, selbst wenn er die Macht dieses Instrumentes eher erahnt als wirklich versteht.
Zwischen amtlicher eParticipation und webinduzierter Revolte klafft eine auffällige Lücke. Die Online-Aktivitäten politisierter Digital Natives, die sich mit der Piratenpartei inzwischen auch eine erste "traditionelle" Form zugegt haben, bleiben eigentümlich unverbunden mit den durchaus richtigen Versuchen, die repräsentative Demokratie um Elemente von eDemocracy zu bereichern. Langfristig wird es ohnehin zu dialektischen Wechselwirkungen zwischen etablierten Politikformen und den selbstorganisierten Aufschaukelungen im Web (Web 2.0, Web hoch2,...) kommen.
Die Frage ist: Wie bekommen wird "Joe the Plumber", "Jane the Florist", Oma Müller und Onkel Heinz ins digitale Boot innovativer Beteiligung?
Und eher strategisch: Obwohl jeder Politiker das Wort Bürgerbeteiligung auf den Lippen führt, gibt es keine erkennbare Begeisterung für das Thema eParticipation. Das gilt erstaunlicherweise auch für die Piratenpartei. Klaus Störtebeckers virtuelle Nachfahren sind anhand der Topics "freie Downloads" und "Zensur im Internet" resonanzfähig geworden. Als Partei, die zu realen Parlamenten kandidiert und auch schon verreten ist, ist sie nun aber aufgefordet, sich auch zu institutionalisierten Politikformen zu verhalten. Auch unter dem Aspekt von Markenführung drängt sich das Thema eParticipation förmlich auf, zumal es nicht mal von den "Bürgerrechtsparteien" Grüne, FDP und Freien Wählern gepusht wird. Spielt eParticipation strategisch keine Rolle? Schlägt nicht jetzt die Stunde der elektronischen Demokratie?
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