Freitag, 19. Juni 2009

Die Realität ist manchmal schneller als der Gedanke, der sie reflektiert. Der "Kulturkampf" der Digital Natives in der Arena der Politik geht in die nächsten Runde. Aktuelle Zielscheibe: die SPD. Zum bisherigen Verlauf. Die beiden Regierungsparteien planen die Verabschiedung des "Zugangserschwerungsgesetz gegen Kinderpornografie". Kritiker merken an, dass die geplanten Maßnahmen ihr Ziel verfehlen, stattdessen aber der Internet-Zensur Tür und Tor geöffnet werde. Zur Europa-Wahl war ja bereits die "Piratenpartei" in verschiedenen Ländern angetreten und hat über die schwedische Liste einen Abgeordneten in das Brüsseler Parlament entsandt. Nun nutzt ihr bundesdeutscher Ableger ein gutes altes Mittel der "analogen" Politik und ruft für Sonnabend, den 20. Juni, zu einer Demonstration auf - ausgerechnet vor der Parteizentrale der ohnehin schwächelnden SPD (für die bisherigen Fakten: Spiegel online, 18.6.2009). Sie bietet einen Tausch der Parteibücher an. Die sozialdemokratischen Digital Natives reagieren. Der Online-Beirat der SPD erklärt:
„Die SPD ist dabei, sich für die Digitale Generation unwählbar zu machen. Das wird sich bereits bei Bundestagswahl niederschlagen, weil mit der Entscheidung für die Netzsperren jeder Internet-Wahlkampf ad absurdum geführt wird - erst recht, weil der Online-Wahlkampf 2009 unter der besonderen Aufmerksamkeit aller Medien steht. Eben die Klientel, die Barack Obama zum mächtigsten Mann der Welt gemacht hat, die Multiplikatoren im Netz nämlich, sehen in den Netzsperren einen Verrat an allen Werten, die die SPD ausmachen: Demokratie, Fortschritt, Teilhabe. Es gibt eine handvoll lauter Stellvertreter dieser Generation; hinter ihnen stehen die 130.000 Mitzeichner der erfolgreichsten Petition aller Zeiten - aber auch die vielen Millionen jungen Menschen, die zum Teil schon wählen können und für die das Netz nicht einfach ein weiterer Medienkanal ist. Sondern der Ort, wo die Gesellschaft, ihre Gesellschaft stattfindet. Unwählbarkeit bedeutet hier für eine Partei also, sich jede Zukunftschance zu vernichten.“ (Erklärung SPD-Online-Beirat).
Doch dabei bleibt es nicht. Innerhalb der SPD formieren sich die Digital Natives ebenfalls als „Piraten“ – als spdpiraten eben. In postmoderner Manier übernehmen sie Sprache und ästhetischen Duktus der Piratenpartei – allerdings innerhalb des altehrwürdigen Apparates. Selten sind die kulturellen Differenzen zwischen Digital Natives und der „Generation ausdrucken“ politisch so deutlich zu Tage getreten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen